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Auf den Spuren der Knollschen Taufengel

Taufengel Kirchgattendorf

Unser Gemeindeausflug im September führte uns zu vier Dorfkirchen in unserer unmittelbaren Nähe: Marlesreuth, Konradsreuth, Gattendorf (Schwebender Taufengel von Wolfgang Adam Knoll, siehe oben) und Trogen. Auf den Spuren der Künstlerfamilie Knoll entdeckten wir verschiedene Formen von Taufengeln und bewunderten die reiche Schnitzkunst an den Altären.

Es war selbstverständlich, dass diese Rundreise unsere St. Leonhardkirche nicht aussparen durfte. Mit dem Kruzifix von 1698 beinhaltet unsere Kirche eines der frühen Werke von Johann Nikolaus Knoll, den Vater der Bildhauerfamilie. Vom Sohn Wolfgang Adam Knoll stammen das Altarkreuz und der schwebende Taufengel, der noch heute in Gebrauch ist.
Im Hofer Land und darüber hinaus haben sie einst die Kirchen ausgestattet und hatten dafür zeitweise sogar einen markgräflichen Auftrag. Woher kam die Familie Knoll und ihr künstlerisches Talent?

Taufengel Marlesreuth

Taufengel von Wolfgang Adam Knoll, Marlesreuth

Eine Hofer Familie

In den Hofer Kirchenbüchern aus dem 17. Jahrhundert mangelt es nicht an Knolls. Der Bildhauer stammte aus einer der ältesten eingesessenen Familien Hofs. Viele Knolls übten das Metzgerhandwerk aus. Auch der Vater von Johann Nikolaus Knoll (1667-1735) war Metzgermeister, wie der Eintrag im Taufbuch ausweist. Wie der Sohn zum Bildhauerhandwerk kam, ist noch nicht hinreichend erforscht. Hans Hofner vermutet, dass er mit dem Vater bei Überlandfahrten zum Fleischeinkauf genügend Gelegenheit hatte, sich Kirchen und deren Ausstattung genauer anzusehen. Auch habe er die Aufstellung des Häußler-Altars in der St. Michaeliskirche im Alter von 12 Jahren miterleben können. Zur Künstlerfamilie Häußler bestand nach Hofner ein bleibender Kontakt, so dass von einigen angenommen wird, dass Johann Nikolaus dort seine Ausbildung genoss. Hofner führt dafür stilistische Eigenheiten bei der Gestaltung von Kanzeln an. Andere verweisen auf eine Lehre bei dem Kulmbacher Bildhauer Hans Georg Brenck. Hofner sieht zudem Einflüsse des Schneeberger Bildhauers Johann Böhme (gest. 1667), die über dessen Schüler Bildhauer Paul Moses in Wunsiedel vermittelt worden seien. Gunter Lasch sieht Einflüsse des Elsterberger Schnitzers Christian Preller.

Wie dem auch sei. Johann Nikolaus Knoll erlangte 1694 den Meistertitel und führte fortan in der unteren Ludwigstraße eine Künstlerwerkstatt, die spätestens ab dem Großauftrag für die Joditzer Kirche im Jahr 1704 nicht mehr ohne weitere Gesellen ausgekommen sein dürfte.

Die Bildhauerfamilie

Johann Nikolaus Knoll heiratete 1697 Magdalena Erb, eines Hofer Gymnasiallehrers Tochter. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Der erste, Johann Christoph, 1698 geboren, muss das Vaterhaus verlassen haben. Der zweite Sohn, Wolfgang Adam, geboren 1709, wuchs in das Bildhauerhandwerk hinein und führte die Werkstatt mit seinem Sohn, Johann Christian, weiter. Letzterer wurde allerdings später Polizist und bestritt im Dienste der Stadt seinen Lebensunterhalt. Die Zeit der barocken Bildschnitzerkunst war zu Ende.

Taufengel in Konradsreuth

Taufengel von Johann Nikolaus Knoll, Konradsreuth

Taufengel

Taufengel gehörten bereits bei Johann Nikolaus Knoll zu den Arbeiten für die Kirchen. Die Vorliebe für Engeltaufen der verschiedensten Art war eine Mode der Zeit. Es entsprach aber auch einem protestantischen Frömmigkeitsbewusstsein, dass die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl sichtbar in den Mittelpunkt des Gottesdienstraumes rücken sollten. So wie der Taufengel von oben herabschwebte und inmitten der Gemeinde seinen Platz fand, so sollten die Kinder in die Mitte der Gemeinde hinein getauft werden. Der Taufengel diente dazu, diesen Zusammenhang in hervorragender Weise zu symbolisieren.

Schwebetaufengel

Sehr viele der Knollschen Taufengel waren ursprünglich Schwebetauf-engel. Sie waren an einem Seil befestigt und konnten zur Taufe von der Decke herunterlassen werden. Damit sie einen sicheren Stand am Boden bekämen, setzte man ihre Füße, wie in Trogen, Gattendorf oder Konradsreuth auf einen Wolkenbausch. Die Taufschale, konnte auf sehr verschiedene Weise gestaltet sein. Ursprünglich war es sicher auch in Köditz ein Kranz. Die Handhaltung weißt darauf hin. Der Kranz steht als Symbol für das ewige Leben. Wenn es in Offenbarung 2,10 heißt: „Siehe, ich will dir die Krone des Lebens geben.“ ist damit der in der damaligen griechischen Welt bekannte Siegeskranz das Vorbild, der in der christlichen Symbolik zum Sinnbild des ewigen Lebens wurde. Die Taufschale wurde, wie in Konradsreuth üblich, in den Kranz eingelegt.

Der Beckenstemmer

Engeltaufe Kirchgattendorf

Engeltaufe vom Typ Beckenstemmer, Kirchgattendorf

Einen knienden Engel, der die schwere Taufschale mit beiden Armen nach oben stemmt und auf dem Kopf balanciert, finden wir in der Gattendorfer Kirche. Dieser Engel ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht von der Knollschen Werkstatt angefertigt worden. Hans Hofner will dies zwar nicht ausschließen, die Gestaltung, die Gesichtszüge und überhaupt sein ganzes Wesen lassen eher auf einen anderen Künstler schließen. Der zweite, zeitlich jüngere Taufengel über dem Taufstein in der Nische der Gattendorfer Kirche ist allerdings einer der wenigen heute noch schwebend angebrachten Engel und mit Sicherheit der Werkstatt Knoll zuzuordnen.

Hofer Land – Taufengelland

Taufengel Trogen

Taufengel von Wolfgang Adam Knoll, Trogen

Es wären noch mehr Taufengel, wie etwa die in Regnitzlosau, in Geroldsgrün oder Kautendorf und Berg in diese Erkundung aufzunehmen. Für einen Sonntag mussten wir uns mit dieser Auswahl begnügen. Auf der Suche nach den Schätzen der Hofer Region kamen wir bereichert zurück, obwohl wir gar nicht weit gehen mussten. Und wir haben sogar noch einen verborgenen Schatz aufgespürt.

 

Der letzte Knollsche Taufengel

Manche Gemeinden hüten ihre Geheimnisse. Der Taufengel zu Leupoldsgrün von 1793, erstellt von Johann Christian Knoll, dem jüngsten Bildhauer der Knoll-Familie gilt in der Fachliteratur als verschollen. Zufällig trafen wir auf unserem Ausflug beim Mittagessen einen Kirchenvorsteher aus Leupoldsgrün, der davon erzählte, dass der Engel noch auf dem Dachboden stünde. Allerdings sei er beschädigt. Mancher Schatz harrt noch seiner Wiederentdeckung.

Michael Grell, Pfr.

(Fotos: Michaela Wilfert)