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Evangelische Pfarrei

von Pfarrer Michael Grell
Im Jahr 1476 ist unsere Kirche zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden. In den folgenden Jahrzehnten wurde aus Köditz eine eigene Pfarrei. Die Reformation begünstigte diese Entwicklung entscheidend.

Ein reitender Kaplan

Schon 1479 verzeichnet die Lindnersche Kirchenordung von St. Lorenz, dass in Köditz ein Paulus Knirrer als „vicarus in rure“ (Vikar auf dem Land) den Messdienst versah. Die Hofer Pfarrei hatte zu dieser Zeit drei Kapläne. Einer versah die Frühmesse in St. Lorenz, der andere in St. Michaelis und der dritte war ein Landreiter und versorgte die Orte Köditz, Kautendorf und Döhlau. Ob es in der Zeit ab 1476 durchgehend einen Pfarrer oder Vikar am Ort gab, ist nicht bekannt. Im Hofer Landbuch von 1502 wird allerdings erwähnt, dass Wilhelm Schwarza die Messe in Köditz hält. Es wird auch davon ausgegangen, dass der Pfarrer den Hof zum Teil selbst mit bestellt hat. Eine eigene Pfarrei war Köditz aber vor der Reformation gewiss nicht. In mehreren Dokumenten ist belegt, dass die „Mess noch nicht confirmirt“ war. Eine Bestätigung der Messe, d.h. hier der Pfarrstelle wurde vom Bischof in Bamberg wohl nicht verliehen, vielleicht auch weil die finanzielle Grundlage für die Erhaltung der Pfarrei nicht als ausreichend erachtet wurde. Eine Bestätigung der Messe geschah dann auch überhaupt nicht mehr, denn schon wenige Jahrzehnte später hatten sich die Verhältnisse des Kirchenwesens durch die Geschehnisse der Reformation grundlegend verändert.

Eine neue Zeit bricht an…

Die Geschichte des Dorfes ist aufs Engste mit den Ereignissen in der Stadt Hof verknüpft. Das gilt insbesondere für die Zeit der Reformation. Und doch macht das Dorf Köditz eine eigenständige Entwicklung durch. Die Reformation fasste in Hof schon relativ früh Fuß. Martin Luther schrieb 1517 seine 95 Thesen, legte sein Verständnis des gnädigen und rechtfertigenden Gottes in vier reformatorischen Grundschriften dar, trat 1521 vor den Kaiser, berief sich auf sein freies Gewissen und übersetzte in der Folgezeit auf der Wartburg im Exil das Neue Testament ins Deutsche. Der Weg zu einer neuen Kirchenbildung war damit geebnet. Aber es war durch die Ereignisse dieser fünf Jahre noch keine neue Kirche entstanden. Luther beabsichtigte zunächst eine Reform der katholischen Kirche. Erst allmählich kristallisierte sich im Laufe der 20er Jahre des 15. Jahrhunderts heraus, dass eine Neuorganisation der Evangelischen in von der Römischen Kirche eigenständigen Landeskirchen geboten war. Der äußere Wille zur von Rom getrennten kirchlichen evangelischen Eigenständigkeit ging von einer Reihe hellsichtiger Landesfürsten aus. Die innere Ausgestaltung der evangelischen Lehre und des protestantischen Lebens oblag Luther und seinen Gefährten.

Luthers Gefährten in Hof

Mit weitsichtigen Köpfen auf beiden Seiten waren die Stadt Hof und ihr Umland gesegnet: Der Markgraf stellte sich der Reformation nicht in den Weg, der spätere Markgraf Georg der Fromme (ab 1527) förderte sie sogar. Mit Fabian v. Feilitzsch, Philipp v. Feilitzsch und Hanns von Waldenfels auf Lichtenstein waren im örtlichen Adel wichtige Vertreter des reformatorischen Gedankens, die im sächsischen und brandenburgischen Hause Einfluss hatten. Schließlich: Kaspar Loener. In ihm hatte Hof einen Reformator der ersten Stunde. Wenn wir davon ausgehen, dass noch im Reformationsjahrzehnt die Köditzer für alle gewichtigen Amtshandlungen nach Hof zur Lorenzkirche gehen mussten, wird man doch wohl auch annehmen dürfen, dass der Weg zu einem beliebten und mitreißendem Prediger, wie Kaspar Loener es war, nicht zu weit war.

Kaspar Loener

Im Jahr 1524 wurde Loener vom Markgrafen auf die einflussreiche Predigerstelle an der Hofer Michaeliskirche berufen. Die Michaeliskirche war die große Kirche in der Hofer Neustadt und damit nun bereits wichtiger als die Lorenzkirche. Unter großem Zulauf der Hofer Bürgerschaft verkündete Loener in der Michaeliskirche die Lehre Luthers. Schnell jedoch bekam der Bamberger Bischof davon Kunde und erreichte beim Markgrafen eine Versetzung Loeners in die Klosterkirche der Franziskaner. Von hier aus konnte Loener aber weiter wirken. Er gewann Einfluss auf die Franziskanermönche, Hofer Bürger hörten ihm aufmerksam zu und schließlich verließen einige der Brüder das Kloster. 1525 musste Loener aus Hof weichen und ging nach Wittenberg, um dort bei Luther aus erster Hand die evangelische Lehre zu hören und wurde 1528 erneut in Hof an der Michaeliskirche eingesetzt. 1529 entwarf er die erste evangelische Gottesdienstordnung für Hof, die bis ins 17. Jh. hinein in Kraft blieb. Er erstellte ein Gesangbuch und einen Katechismus. Am 5. September 1529 wurde die erste Deutsche Messe in der Michaeliskirche gefeiert. 1531 wurde Loener zum zweiten Mal aus Hof ausgewiesen, gemeinsam mit Nikolaus Medler, der für die Schulen verantwortlich war. Die Reformation der Kirche wurde im folgenden Jahrzehnt von einem ebenso entschiedenen Reformator Stephan Agricola fortgesetzt.

Evangelische Kirchen

Im Jahr 1533 wurde im ganzen Markgrafentum Ansbach-Kulmbach eine neue Kirchenordnung erlassen. Darin waren vor allem die neue Gottesdienstordnung, sowie die Amtshandlungen geregelt. Über die Amtshandlungen sollte Buch geführt werden.
Blickt man auf den Hergang der Reformation in unserem Landstrich und dem größeren Verwaltungsbezirk des Markgrafentums zurück, so ist zu erkennen, dass es keinen organisierten Übergang von der katholischen Kirche zur evangelischen gab. Es war vielmehr alles ein längerer Prozess. Es lag in der Natur des evangelischen Kirchenverständnisses, das ja in Opposition zum Papsttum der römischen Kirche entstand, nicht sofort einen neuen Kirchenapparat zu gründen. Der Prediger und seine Gemeinde bildeten im Akt des Gebens und Nehmens des Wortes Gottes nach evangelischem Glauben die Kirche, so festgeschrieben in der Confessio Augustana (CA VII) von 1530. Die äußere Gestalt der Kirche, Kirchenordnungen und dergleichen konnten verschieden sein. Freilich entstand hier ein organisatorisches Machtvakuum, das die Fürsten der Reformation bereitwillig ergriffen. So standen in vielen Grafschaften und Fürstentümern nun die Landesherren an der obersten Spitze der Kirche und waren gewissermaßen die Bischöfe der neuen evangelischen Kirchen. Und so kam es auch, dass eine ganze Menge von kleinen Landeskirchen entstand. Die Ausbildung ihrer Organisationsstrukturen geschah aber erst in den folgenden Jahrzehnten umgreifend. Erst nach dem Markgräflerkrieg von 1553 (auch Hofer Krieg genannt) wurden in der Markgrafschaft ab 1557 Superintendenturen (=Dekanate) eingerichtet. Im Jahr 1558 wurde das Hofer Dekanat gemeinsam mit den Dekanaten Bayreuth und Wunsiedel errichtet. Erst die Konsistorialordnung von 1590 schaffte endgültig Klarheiten über die Verwaltung der evangelischen Kirche in der Markgrafschaft.
So stand am Anfang der Reformation der Gottesdienst, die Bildung des Volkes durch die Einrichtung von Schulen, jetzt auch Dorfschulen und die evangelische Gesinnung und das evangelische Leben der Pfarrer und nicht die Strukturbildung einer neuen Kirche. Reformation geschah in den Kirchen, in der öffentlichen Rede, im Gespräch und in der unterrichtlichen Praxis. Auch von daher ist es verständlich, dass aus dieser Zeit allzu viele kirchenamtliche Dokumente, die erhaltenswert waren, fehlen.

Briefe von Köditzer Pfarrern

Fehlen uns also amtliche Dokumente aus der Reformationszeit, so müssen wir uns mit den wenigen Briefen aus dem 16. Jh. begnügen. Darin befinden sich zunächst vor allem Nachrichten von Pfarrern an unserem Ort. Dreierlei ist dabei bemerkenswert: Ihr persönlicher Werdegang und ihre Stellung zur Reformation, ihre eigene Armut und die ihrer Familie und schließlich die Armut der Pfarrei und des Gotteshauses. Als erster Pfarrer in Köditz wird Paulus Haider genannt. Er sei um 1510 oder danach als katholischer Geistlicher, der die Frühmesse versehen hat, nach Köditz gekommen. Ob er von 1510 an in Köditz gewohnt hat, ist ungewiss, jedenfalls darf aber wohl doch davon ausgegangen werden, dass er hier ständig die Frühmesse versehen hat. Irgendwann im Laufe der Reformation hat er geheiratet. Er hatte vier Kinder, für die zu sorgen im schwer fiel, bei dem niedrigen Einkommen aus dem halben Pfarrhof. Außer dem äußeren Zeichen, dass er den Zölibat aufgab ist über seine innere Hinwendung zur Reformation, seine Predigt oder Lehre im Unterricht nichts überliefert.

Der erste Pfarrer

Paulus Haider versah seit 1510 die Frühmessstelle in Köditz und war spätestens ab 1513 in Köditz wohnhaft. Vor der Reformation wurde Köditz nicht zu einer Pfarrei erhoben, das heißt die Hauptkirche für Köditz blieb weiter die Lorenzkirche in Hof. Erst die Ereignisse der Reformation brachten hier eine Änderung. 1528/29 wurden im ganzen Markgrafentum Visitationen durchgeführt. Jede Pfarrei bzw. jeder Pfarrer sollte daran teilnehmen. Aber der Erfolg war zunächst gering. Auch waren noch nicht alle Pfarrer von der neuen Lehre Luthers überzeugt. Dennoch erwies sich in der Folge das Instrument der Visitation als Erfolg versprechend. Es wurde bis in das 20. Jahrhundert hinein regelmäßig angewandt.

Ein historischer Briefwechsel

Nachdem der Markgraf Georg der Fromme 1533 die neue Kirchenordnung eingeführt hatte, wollte er auch einen Überblick über die in seinem Territorium sich befindenden Pfarreien und ihren Besitz erhalten. Dazu wurden sog. Pfründbücher angelegt, in denen auch die unbesetzen Stellen eingetragen wurden und solche Stellen, in denen bisher nur eine Frühmesse abgehalten wurde. So gewann man einen Überblick über die Größe und Finanzkraft der Pfarreien. Das Hofer Pfründbuch von 1542 verzeichnet Köditz, St. Leonhard noch als eine Frühmess. Sie hat ein Einkommen von 25 Gulden. Betont wird, dass die „Bauernschaft ist willig gewesen, einen eigenen Priester zu stiften, nach dem sie eine gute halbe Meile Wegs gen Hof haben.“ Gefragt wird hier, ob „ihnen dasselbige zu tun zugelassen“ werde. Eine unmittelbare Antwort auf diese Frage fehlt. Der im Jahr 1545 folgende Schriftwechsel enthält aber meines Erachtens indirekt die Bestätigung für die Pfarrei Köditz.
Der Richter, das ist der Bürgermeister, und die ganze Gemeinde wenden sich in einem Schreiben an den Pfarrer von Hof, weil Pfarrer Haider mit den Erträgen aus dem halben Pfarrlehen sein Auskommen nicht bestreiten konnte. Darin bitten sie den Markgrafen Georg den Frommen, der wiederum der Oberherr des Hofer Pfarrers ist, dass von den Abgaben, die sie für die Hofer Kirche zu leisten hätten und den Erträgen aus den beiden Pfarrlehen für die Hofer Frühmesse ein Teil des Ertrages für den Pfarrer in Köditz zur Verfügung gestellt werden solle. Der Markgraf geht auf diese Bitte ein und bewilligt eine Addition: „So wollen wir anstatt unseres gnädigen Herrn bewilligen, dass ihr ihm des Jahrs acht Gulden Besserung gebt, alle Quartal 2 Gulden und jetzt Crucis vergangen, ihm die ersten zwei Gulden erlegt. Doch dass er bei solcher seiner Gemein zu Keditz bleib und (…) dass er das Pfarrhaus in baulich Würde und Wesen halte.“

Die Pfarrei Köditz

Dieses Antwortschreiben des Markgrafen kann als Zeugnis der Verselbständigung der Köditzer Pfarrei angesehen werden. Im Zuge der Bestandsaufnahme der Pfarreien und Kapellen in den Pfründbüchern wurden aus vielen Frühmessstellen nun eigene evangelische Pfarreien. Dies gilt auch für Köditz. Der Markgraf als oberster Landesherr und Herr seiner Kirche bestätigte der Dorfgemeinde Köditz einen eigenen Pfarrer. Eine Ordnung, nach der eine evangelische Pfarrei zu errichten gewesen wäre, gab es zu diesem Zeitpunkt wohl nicht. Mit der Verselbständigung der Pfarrei war auch ein finanzieller Ausgleich verbunden. Die Pfarrei sollte auf Zukunft gebaut werden. Doch aufgrund der Teuerungsrate in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts war es wohl nicht genug. Schon zwanzig Jahre später klagte sein Nachfolger Johann Königsdörfer wieder wegen zu wenig Geldes.