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Schatzkästlein in Holz

Beim Wiederaufbau der im 30-jährigen Krieg zerstörten Kirche St. Leonhard war Holz neben Stein der entscheidende Bau- und Werkstoff. Nicht nur das äußere Gewand des Gotteshauses gibt davon ein Zeugnis. Die innere Ausgestaltung und vor allem die künstlerischen Werke aus der Werkstatt Knoll in Hof geben dem Kirchenraum bis heute – auch nach vielen Umbauten durch die Jahrhunderte hindurch – einen besonderen Glanz. Ein Schatzkästlein in Holz.

Eine alte Notiz

„Die Kirche ist angefangen worden wieder aufzubauen AD 1638, hingegen die Pfarr 1642.“ – so ist in den Notizen des ältesten erhaltenen Kirchenbuches zu lesen. Von wem die Initiative ausging ist nicht belegt, wohl aber, dass sich schnell einige Gönner fanden und auch aktive Bürger, sowie ein äußerst umtriebiger Pfarrer: Friedrich Wohn. Gebürtig aus Rehau, war er 1637 nach Köditz gekommen und fing sogleich mit dem Werk an. Hinzu kamen einige namhafte Stifter, die schon vor dem Krieg mit dem Dorf in engem Kontakt standen, weil sie hier lehenbare Höfe besaßen. Ihre Namen sind heute wieder in unserer Leonhardkirche in den Kartuschen zu lesen.

Adlige Stifter

Zu den adeligen Stiftern gehörten an vornehmster Stelle Wolf Albrecht von Feilitzsch (1601-85) mit seiner Ehefrau Maria Felicitas von Brand und Rudolf von Reitzenstein. Ebenfalls an prominenter Stelle auf dem linken Chorbogen zum Schiff hinsichtbar befindet sich das Wappen der Familie Prückner aus Hof. Adam Lorenz Prückner war Sohn des Hofer Bürgermeisters Matthäus Prückner (1633-41) und stiftete für die erste Glocke von 1643 eine stattliche Summe von 10 Gulden. Es ist davon auszugehen, dass er sich auch beim Aufbau der Kirche mit erkenntlich zeigte. Vielleicht wohnte er in Köditz, weil er 1659, im Alter von 50 Jahren verstorben, als einziger nichtadeliger in der Gruft in der Kirche bestattet wurde. Als weitere Stifter der ersten Zeit des Wiederaufbaus gab es zwei adelige Familien aus Böhmen. Sie waren in Folge des Krieges und wohl auch aus Glaubensgründen gezwungen ihre Heimat zu verlassen und siedelten sich hier bei uns an. Die eine Familie Ratisborsky zu Sechzebus erstand 1620 das Gut in der Bahnhofstraße, wohnte aber nur kurze Zeit dort und zog dann nach Unterkotzau auf das Wasserschloss. Die Familie behielt dennoch die Lehensrechte für das Gut und ließ es von der Familie Joditzer verwalten. Caspar Konrad Joditzer, ein Hofer Bürger, führte das Gehaiggut (Heroldsgrün) 1628 zusammen in seiner Hand und übernahm auch die Verwaltung des Gutes in Köditz.

Kanzel von 1641

Von ihm ist die Kanzel aus Holz in der Kirche gestiftet worden. Sie trägt neben einem Bibelspruch bis heute den Namen des Stifters und die Jahreszahl 1641. Die Familie der Sechzebus zeichnete sich nicht durch unmittelbare Stiftungen am Kirchenbau aus. Sie stiftete aber 1697 den kleinen vergoldeten Abendmahlskelch aus Silber, der noch heute im Gebrauch ist. Eine zweite Familie aus Böhmen wurde in den Kriegsjahren in Köditz ansässig und tat sich durch Stiftungen hervor: Christoph Ernst Winckler von Hainfeld und seine Ehefrau Anna Elisabeth. Sie mussten wegen ihres Bekenntnisses zum evangelischen Glauben 1629 ihre Heimat in Böhmen verlassen und fanden in Köditz Aufnahme. Ihre Wappen befinden sich im Chorbogen auf der linken Seite. Was sie gestiftet haben ist nicht bekannt. Anna Elisabeth und eine weitere Angehörige wurden in der Gruft in der Kirche begraben.

Die neue Gestalt der Kirche

Ohne die zahlreichen Stifter hätte die Kirche wohl nicht so schnell wieder aufgebaut werden können. Man begann auf den alten Fundamenten. Die Mauern des Chors waren noch vorhanden. Vermutlich wurde das Kirchenschiff nun höher gezogen als vorher. Der neue Bau hatte mit den dicken Mauern, der Eingangsbrücke und den kleinen schießschartenähnlichen Fenstern im Dach des Chores einen deutlich erkennbaren Wehrcharakter. Die bedrohliche Zeit des Krieges war ja noch nicht zu Ende. Auf dem Dach wurde eine Vorrichtung für die Aufhängung von Glocken getroffen. Ein erster Dachreiter diente dazu. Der Dachreiter in der heutigen Form wurde erst ein Jahrhundert später errichtet. In der Kirche wurde eine Gruft angelegt, wohl von den Herren von Reitzenstein. Jedenfalls ist der erste der 1643 in ihr beerdigt wurde das halbjährige Kind Christoph Ernst v. Reitzenstein, ein Sohn des Rudolf v. Reitzenstein. Die Kirche bekam einen hölzernen Vorbau, der nun als Eingang diente und durch den man auf das Dach gelangen konnte.

Auch eine Orgel war schon da

Ob diese bis zum Jahr 1641 errichtete Kirche schon eine Orgel hatte, ist nicht letztlich zu ermitteln. Jedenfalls muss es vor der ersten richtigen Orgel schon ein kleines „Orgelwerklein“ (Hofner) gegeben haben. Aus Rechnungen der Kirchenstiftung aus dem Jahr 1664 sowie 1695 geht dies hervor. Hans Hofner, dem die Erforschung der historischen Orgelwerke in unserer Region in besonderer Weise ein Anliegen war, geht davon aus, dass es im Chorraum eine kleine hufeisenförmige Empore gegeben hat. Da es keine gesonderten Angaben über deren spätere Errichtung gibt, geht er davon aus, dass das „Empörlein“ (Hofner) schon gleich zu Beginn mit gebaut wurde. Dann aber wird es auch die Orgel relativ früh gegeben haben. Eine Rechnung gibt es nicht, daher deutet vieles auf eine Stiftung hin. Die Orgel wurde nach Hofner wohl von dem Hofer Orgelbauer Bartholomäus Leube samt Blasebalg eingebaut. Wir können sie uns nicht klein genug vorstellen. Sie diente auch nicht zum Begleiten von Chorälen, sondern eher zur Intonation für das Singen der Chorschüler, des Kantors, des Pfarrers und natürlich auch der Gemeinde.

Die Einweihung

Die neu errichtete Kirche wurde am 17. September 1641 eingeweiht. Sie war in ihrer Gestaltung sicher noch nicht fertig. Aber sie war nun wieder funktionstüchtig. Im Jahr 1642 wurde als erstes Kind der Sohn des Pfarrers Wohn in der Kirche getauft. Von einem besonderen Taufstein wissen wir nichts, wohl aber wird es einen gegeben haben. In den folgenden Jahrzehnten wurden immer weitere Ausbauten vorgenommen.

Eins, zwei, drei Glocken

Zunächst kam im Jahr 1643 eine zweite Glocke auf das Dach. Eine erste war wohl schon von Anfang an da, vielleicht hat sie auch die Wirren des Krieges überstanden und war noch brauchbar. Die neue Glocke wurde von Adam Lorenz Prückner gestiftet und von Albrecht von Feilitzsch aus der Werkstatt Georg Werthers aus Coburg beschafft. Im Jahr 1653 kam ein zweites Glöcklein aus der Werkstatt von Georg Werther aus Coburg hinzu, so dass das Geläut mit drei Glocken voll war.

Holz aus Brunn und Wölbattendorf

Im gleichen Jahr wurden zwei Emporen an der Nord- und Südseite des Schiffes von Zimmermeister Hans Rank aus Neuhaus in das Kirchenschiff eingebaut. Die Ausstattung der Kirche war aber noch immer nicht zu Ende, denn nun wurde im Jahr 1655 im ganzen Markgrafentum Bayreuth eine Kollekte für die Kirche, Pfarr und den oberen Kirchhof erhoben.
In das gleiche Jahr fällt eine Reparatur an der Umfassungsmauer. Wohl gab es auch Ausgaben im Bereich des hinter der Kirche liegenden Friedhofes. 1658 wird in den Rechnungen eine Kirchenuhr erwähnt.
In den 60er Jahren werden umfassende Arbeiten am Kirchendach und Dachboden vorgenommen und das Dach neu mit Schindeln gedeckt. 1671 wird von Wölbattendorfer und Brunner Bauern Holz für die Kirche in Köditz verehrt und es wurden abermals Renovierungen vorgenommen. Bei der Renovierung 1978 wurde in der südlichen Mauer des Schiffes ein Balken mit der Aufschrift „Von Wölbattendorfer Bauern gestiftet“ freigelegt. Im Jahr 1682 bekam der Dachreiter einen neuen Hahn und eine neue Kugel.

Die innere Ausgestaltung

Die umfassendste Erweiterung in der inneren Ausgestaltung geschah nun in der Amtszeit der beiden Pfarrer Völckel. Im Jahr 1698 stifteten Pfarrer Georg Paul Völckel und der Meister und Wirt Johann Steingruber das große Kruzifix aus der Werkstatt des Johann Nikolaus Knoll in Hof. Die Freiherren von Falkenstein, die sich 1666 auf dem Gut in der Bahnhofstraße niedergelassen hatten und dieses zu einem kleinen Schlösschen umbauten, ließen nun von Knoll auch die Sakristei bemalen. Carl Erdmann von Falkenstein und Eva Auguste von Lilien sind mit ihrem Wappen dort zu sehen. Die Szene vom großen Weltgericht ist mit das Kostbarste was wir in unserer Kirche haben. Sie war in späteren Zeiten übermalt worden und wurde bei der Restaurierung 1978 wieder frei gelegt und ergänzt. Ebenso die beiden Wappen. Das Wappen der v. Falkenstein wurde zum Wappen der politischen Gemeinde Köditz.

Die Grablege in der Kirche

Wohl um die Jahrhundertwende wurde eine neue Gruft angelegt bzw. die alte Gruft erweitert. Es fällt auf, dass bis 1700 nur wenige in der Kirche begraben wurden. Nach 1700 beginnt die eigentliche Zeit der Grablege in der Gruft. Es ist daher wahrscheinlich, dass – Hofner nennt das Datum 1703 – die Voraussetzungen für eine größere Grablege geschaffen werden mussten. Bis 1770 durfte innerhalb der Kirche beerdigt werden. In diesem Jahr verfügte der Markgraf die Einstellung der Bestattungen innerhalb der Kirche. Erst 1821 wurde die Gruft dann endgültig mit Schotter verschlossen und später befestigt. Bis dahin wurden noch einzelne Adelige, denen es zugesagt war, in der Kirche begraben. Die Liste von ca. 1770 mit den 27 Namen ist daher nicht vollständig.

Eine neue Orgel 1706

Die Orgel, die im Jahr 1706 angeschafft wurde, war eine mit drei Pfeiffentürmen mit einem vierfüßigen Prinzipal im Prospekt. Sie stand auf der Chorempore über dem Altar und konnte von der Gemeinde gesehen werden. Angefertigt wurde sie von der Werkstatt Gruber aus Adorf. Hans Hofner schreibt: „Der Organist saß mit dem Rücken zur Gemeinde und musste in einem Spiegel über dem Spielschrank erkunden, was im Kirchenraum vorging. Die Register waren als Stangen zu ziehen. Am mittleren höheren Pfeifenturm war der Zimbelstern zu sehen. Er wurde durch ein Ventil in Drehung versetzt. Dazu ertönten zur Pastorale an Weihnachten Glöckchen, die mit Hämmerchen in F-Dur geschlagen wurden. Die Mixtur bestand aus drei Pfeifenreihen. Sie gab dem vollen Werk Glanz und Frische.“ Auch für diese Orgel fanden sich Sitfter. Es war die Familie v. Seitz. Sie saß im 18. Jahrhundert auf dem Gut Heroldsgrün. Ihr Wappen war auf dem Orgelprospekt dieser zweiten Köditzer Orgel zu sehen. 1717 wurde sie repariert, 1719 neu bemalt. Diese Gruber-Orgel begleitete über ein Jahrhundert bis zum Jahr 1831 den Gesang der Gemeinde, bevor sie durch eine neue Orgel der Gebrüder Heidenreich aus Hof ersetzt wurde.

Schatzkästlein in Holz

So dauerte es fast ein ganzes Jahrhundert bis die Kirche neu und vollständig ausgestattet war. Die Stifter haben sich in der Frühphase und nochmals um 1700 in ganz besonderer Weise hervor getan. Auch Pfarrer Friedrich Wohn (1637-1661) und die beiden Völckel, Johann Wolfgang Völckel (1675-97) und Georg Paul Völckel (1697-1709) haben den Aufbau und Ausbau der Kirche nach ihren Kräften gefördert. Nicht zu leisten wäre der Wiederaufbau aber gewesen ohne den aufopfernden Dienst der Köditzer Bauern und Bürger, nicht zu vergessen die Wölbattendorfer und Brunner Bauern. Der Einsatz ging bei den Köditzern sogar soweit, dass sie Geld der Gotteshauskasse liehen. „Nach der Kirchenrechnung des Jahres 1658 hatte das Gotteshaus allein bei den Köditzer Einwohnern Schulden in Höhe von 130 Gulden. (…) Die Ausgaben bestanden in erster Linie aus den anfallenden Baukosten.“ Nur im Verein miteinander konnte das große Aufbauwerk vollbracht werden. Dass es vollbracht werden würde, daran bestand zumindest von kirchenleitender Seite schon 1632 bei der Versetzung des Pfarrers Fichtelmann kein Zweifel. In Prückners Pfarrbeschreibung heißt es zu dem von den Köditzern wenig geliebten letzten Pfarrer vor den Kriegswirren:
Er wurde nach dem Brand (…) nach Schwarzenbach am Wald versetzt, weil man vorhersehen konnte, daß die Nachbarn ihm zu gefallen langsam die Pfarr wieder aufbauen würden. – Die Betonung liegt hier sicherlich ironisch auf dem Wort „langsam“. Unter der Hand seines Nachfolgers wurde denn auch zügig die Grundlage für unsere heutiges Schatzkästlein gelegt.

Michael Grell, Pfr.

Quellen:
Hans Hofner, Chronik Gemeinde Köditz, Bd. I und IV.
Reinhard Sinterhauf, Das Kirchenwesen in Köditz von den mittelalterlichen Anfängen bis zur Gegenwart, 1982.