
Gottesdienst zum Weihnachtsfest mit Pfr. Michael Grell. Hier können Sie die Predigt nachhören.
Â
Predigt
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
„wann hört des denn auf, Herr Dekan?“ – die Frage erklang, als im frühen Herbst bei einer Pfarrkonferenz einmal wieder die neusten Regeln zur Pandemie erklärt worden waren. Die Frage klang fast ein wenig so, wie das „Wann simmer denn da?“ aus Kindermund. Natürlich gab es auch gleich ein Schmunzeln darüber und das Achselzucken des so Befragten.
Wir alle suchen nach verlässlichen Zeichen in diesen turbulenten Zeiten. Viele Fragen bleiben immer wieder offen. Antworten müssen schon nach kurzer Zeit wieder revidiert werden. Wie viele Wellen denn noch? Wie viele Impfungen? Wie lange denn noch?
Um die Frage, was ein verlässliches Zeichen ist und ob man es überhaupt fordern dürfe, geht es im heutigen Predigttext aus dem Buch Jesaja. Ich lese die Verse 10 bis 14 aus dem 7. Kapitel:
Der Herr redete zu Ahas und sprach:
Fordere dir ein Zeichen vom Herrn, deinem Gott,
es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe!
Aber Ahas sprach: Ich will´s nicht fordern,
damit ich den Herrn nicht versuche.
Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David:
Ist´s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht?
Müsst ihr auch meinen Gott müde machen?
Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben:
Siehe, eine Jungfrau ist schwanger
und wird einen Sohn gebären,
den wird sie nennen Immanuel.
(Jes 7,10-14)
Liebe Gemeinde,
in einer unübersichtlichen politischen Situation wünscht sich offenbar der König von Juda ein wegweisendes Zeichen. Doch ist nicht ganz klar, ob das eine Probe ist, auf die ihn Gott da stellt. Und was brächte dieses eine Zeichen? Sei es auch noch so groß, hoch droben für alle sichtbar oder drunten in der Tiefe ganz und gar unerschütterlich, so würde es am Ende doch nur ein einfaches Zeichen bleiben, das die einen so, die anderen anders ausdeuten.
Das Hin- und Herspringen macht die Menschen müde. Wir suchen nicht nach kurzzeitigen Rettungsankern. Wir sehnen uns nach Verlässlichkeit. Das gilt nicht nur in diesen Zeiten der Pandemie. Es gilt auch für ein Leben in Würde, ein gerechtes Leben in der einen Welt, ein sicheres Leben in Frieden.
In diesen Zeiten verspricht der Prophet Jesaja ein Zeichen von Gott: Siehe, es wird eine Jungfrau schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel. Dieses Zeichen ist rätselhaft. Es passt nicht in die herkömmliche Stammesgeschichte der Könige von Juda, dass da einer kommen soll, der nicht einer der Ihren ist. Aber dieser Sohn der Jungfrau mit Namen Immanuel, das ist Gott mit uns, ist ein Zeichen des einen Gottes selbst.
Im Evangelium für den heutigen Weihnachtstag haben wir dieses Versprechen des Propheten Jesaja bereits schon einmal gehört. Josef träumt die Worte des Propheten. Im Vertrauen auf das Wort hält er sich an die Weissagung, damit die Schrift erfüllt werde und die Jungfrau Maria den Sohn Gottes selbst zur Welt bringt.
Dieses Zeichen von Gott: Immanuel – Gott mit uns – Jesus, der Christus – unterbricht den herkömmlichen Lauf der Dinge. Eine lange Abstammungsliste zitiert auch Matthäus, an dessen Ende Josef steht und ihn als Sohn einer berühmten Sippe Israels ausweist. Aber der Gottessohn kommt von Gott selbst. Er ist nicht irdischer Herkunft. Seine Geschichte in dieser Welt ist keine Familien- und Sippengeschichte, auch nicht die von Königen. Mit seinem Kommen beginnt etwas ganz und gar Neues in dieser Welt.
Und doch ist sein Kommen nicht voraussetzungslos. Wir könnten ihn ja gar nicht wahrnehmen, würden wir nicht mit ihm rechnen. Wir rechnen doch damit, dass das Hin- und Her dieser Welt nicht alles ist. Dass das unsichere Leben ein Ziel hat, das über diese Welt hinausweist, ist uns wie ein besonderer Sinn ins Herz geschrieben. Und genau dafür ist der neu geborene Retter das verlässliche Zeichen.
Doch oft ist es schwer, ihn zu fassen. Maria bewegte alles in ihrem Herzen, heißt es im Weihnachtsevangelium. Das Kind Jesus, das ärmlich und bloß in der Krippe liegt, wie auch die Worte der Hirten, die vom Retter Christus künden. Alles das trifft zu. Schon seine Geburt weist über dieses Leben hier hinaus. In Marias Herzen gewinnt diese frohe Botschaft Raum. Hier beginnt Gott etwas Neues mit uns Menschen.
Dieser Christus ist nicht nur die wenigen Jahre seines öffentlichen Auftretens in Israel ein bedeutsamer Mensch geworden. Er ist es auch in Gegenwart und Zukunft für uns. Denn er ist das verlässliche Zeichen, auf das wir gewartet und dass wir für unser unstetes Leben im Hin- und Her gehofft haben. Er will auch unser Leben begleiten wie es sein Name sagt: Gott mit uns.
Wenn wir darauf vertrauen, dann beginnt mit diesem Weihnachten wieder neu, was wir schon so viele Mal gehört haben, aber immer wieder neu brauchen: Die Geschichte Gottes mit uns. Weihnachten ist der Startpunkt des christlichen Festkreises, in dem wir Sonntag für Sonntag, Festkreis für Festkreis das wechselvolle Leben dieses Jesus von Nazareth bedenken und unser Leben im Spiegel des göttlichen Kindes, das in ihm offenbar geworden ist, bedenken. An Weihnachten ist darum nie alles gesagt, was zu sagen wäre. Es ist der Anfang mit Jesus gemacht. Das Leben mit diesem Christus bewährt sich im alltäglich neu gefassten Vertrauen, dass Gott mit uns ist, an jedem Tag. Dass Gott mit uns ist in diesem Jesus Christus, der für uns geboren wurde.
Das ist ein verlässliches Zeichen in Gegenwart und Zukunft. Darum feiern wir Weihnachten als ein Fest der Hoffnung auch und gerade in turbulenten Zeiten, in denen wir so manche Zeichen nicht so recht zu deuten wissen. Das Zeichen, das Gott uns schickt ist der Christus, der Gott mit uns, dem wir neu unser ganzes Vertrauen schenken dürfen.
Die drängelnde Frage „Wann simmer denn da?“ hat dann schon ihr Ziel gefunden. Sie muss uns nicht mehr quälen, auch wenn wir uns der ganzen irdischen Regularien nicht entziehen können, sie haben ja ihren guten Grund und Sinn, auch wenn wir im Detail nicht immer alles verstehen mögen. Aber im Besten Falle fällt es mit dem Christus an unserer Seite uns leichter, das Vertrauen in eine gute Zukunft nicht zu verlieren.
Wir feiern – egal ob digital oder präsent – jeden Sonntag neu in seiner Gegenwart, die uns stärkt und befreit zu einem Leben, das der Angst und Sorge trotzt. Lassen Sie sich einladen, auch in dieses neue Jahr mit dem Christus, der für uns da ist, zu gehen und sein hoffnungsvolles Wirken für uns zu bedenken.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.