
Predigt zur Konfirmation am Pfingstsonntag im Garten der Alten Wagnerei von Pfarrer Michael Grell.Â
Predigt
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
liebe Konfirmanden,
eine sehr kleine Gruppe hatten wir in diesem Jahr mit den vier Konfirmanden. Das war geradezu familiär. Ständig war jeder gefordert, weil der Pfarrer schon wieder ne Frage stellte und da saßen ja wahrlich nicht viele, die eine Antwort geben konnten. Das hat Euch aber irgendwie gar nicht so gestört. Vielmehr habt ihr gedacht: Was der Pfarrer kann, das können wir auch. Wenn der uns ständig Fragen stellt, dann stellen wir ihm auch welche. Die Redeeinleitung: „Ich hätt da mal ne Frage…“ kam gar nicht so selten vor in diesem Kurs.
Bei den Fragen gibt es ja solche und solche. Die einen kann man schnell beantworten, weil es da nur um eine kurze Erklärung geht. „Gibt’s eigentlich neben der Bibel auch noch Schriften, in denen Jesus erwähnt wird?“ Das ist ja auch ne wichtige Frage. Da kann man dann sagen: Ja, die gibt´s. Es sind aber nicht viele. Unter anderem bei Flavius Josephus wird ein Christus erwähnt, der den Kreuzestod unter Pilatus erlitt. Auch der römische Geschichtsschreiber Tacitus erwähnt einen Christus, der unter Pilatus hingerichtet wurde. Das haben wir dann sogar mal kurz gelesen. Wenn der Pfarrer gedacht hat, das es damit sein Bewenden schon wird haben, dann sah er sich getäuscht. Dem skeptischen Konfirmanden fällt sofort die nächste Frage ein: Sind denn die Texte auch wirklich echt? Die könnten ja auch gefälscht sein. Und dann?
Dann war das mit der kurzen Erklärung erstmal gescheitert! Aber wir waren mittendrin im Forscherdrang, der unseren jungen Leuten besonders eigen ist. Sie stellen die Antworten der Alten in Frage. Zurecht. Denn sie wollen selber Antworten finden. So haben ich Euch erlebt im positiven Sinne als Sinn- und Antwortsuchende.
Dann gab es natürlich auch solche Fragen, auf die die Antworten im Leben immer wieder neu gefunden werden müssen. „Ham Sie eigentlich schon mal Gott reden hören?“ Also, wer so ein richtiger Pfarrer sein will, der muss das ja mit Ja beantworten können, denkt sich der Schalk und setzt noch nach: „In der Bibel steht ja, dass Gott zu Menschen geredet hat, aber das hat er wahrscheinlich nur früher gemacht. Ich hab Gott noch nie reden gehört.“ Ja, freilich: Ich auch nicht, wenn man es so wörtlich nimmt. Aber ich habe sein Wort in vielen kleinen Worten der Ermutigung gehört, die andere für mich fanden. Anders war es auch bei den Propheten nicht, die unsicher auf ihrem Weg tastend voranschritten. Gott sagt da einfach: Geht! So ein Zuruf kann einen selbst bestärken. Konfirmieren heißt das auf lateinisch. Wir sagen ja oft so einfach dahin: Der Gung werdd konfirmiert. Und denken: das macht dann der Pfarrer oder die Gemeinde. Nein: Es ist Gott, der bestärkt, der redet durch andere Menschen, der sich spüren lässt in einem Moment der Stille oder einem Gefühl des Glücks.
Von solchen bestärkenden Erfahrungen erzählten bereits die ersten Christen anderen Menschen. An Pfingsten begannen die Jünger einst damit, anderen von der frohen Botschaft zu erzählen. Sie haben sich zu Gruppen zusammengetan und darüber miteinander gesprochen, was sie mit Gott erlebt haben. So eine kleine Gesprächsgruppe auf Zeit wart ihr im vergangenen Jahr. Kleine Grüppchen gab es auch einst in der Weltstadt Korinth. Die einen nannten sich die vom Paulus, die anderen die vom Apollos, die dritten die von Kephas. Und sie hörten offenbar brav darauf, was ihnen ihre Gruppenleiter sagten. Sicher gab es bei denen auch Fragen. Fragen zur Welt, zum Leben, zum Tod blitzen auf und verschwinden wieder. Sie waren ihnen nicht gleichgültig. Sie sind es auch heute nicht. Kaum einem Menschen, wie man an Euren Fragen sehen konnte. Und auch ihre Antworten sind nicht gleichgültig.
Paulus schreibt an diese Gruppen in Korinth:
Alles ist euer: Es sei Paulus oder Apollos oder Kephas, es sei Welt oder Leben oder Tod, es sei Gegenwärtiges oder Zukünftiges, alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.
Paulus sagt damit: Wenn Gott mit uns redet, dann tut er es nicht nur mit bestimmten Menschen, die ihn hören können. Er tut es auch nicht, dass diese Menschen sich in besonderer Weise vor anderen hervortun können und sich hinstellen und sagen: Seht her, was ein von Gott begabter Mensch ich bin. Es sei, wer es sei: Apollos, Paulus, Kephas oder ein anderer, der sich zum Gruppensprecher ernennt oder auch der Pfarrer vor der Konfirmandengruppe. Er bleibt ein Mensch, der sich nicht wegen seiner besonderen Gaben rühmen soll. Gott zeigt sich in Menschen, in unseren Mitmenschen. Er redet durch sie mit uns von Mensch zu Mensch. Darum ist alles unser, wie Paulus einfach sagt. Die ganze Welt, das Leben ist unser Raum, von Gott geschenkter Raum. Aber nicht so, wie wir oft meinen, wenn wir das sagen: dass wir es besitzen. Sondern so: dass wir in der Welt, in unseren Mitmenschen, Gott am Werk sehen und seinen Sohn, der für uns gestorben und auferstanden ist.
Wenn ich so rede, höre ich gleich noch so eine Frage eines Konfirmanden: „Ham Sie eigentlich schon mal einen ausm Grab wieder rauskommen sehen? Also am Friedhof. Es heißt doch: Leibhaftig auferstehen!?“ – Ne, hab ich wirklich nicht. Auch wenn ich es mir manchmal wünschte, weil das Leben viel zu früh zu Ende war, weil noch so viel Danke zu sagen gewesen wäre und ich den Moment verpasst habe, weil die Welt so ungerecht war, dass er keinen Ausweg sah, und einfach wortlos ging. Und ja, da bin ich überzeugt, diesen Wunsch hat doch jeder: den Menschen noch einmal nahe sein zu können, die man geliebt und geschätzt hat. Gleichzeitig weiß ich, dass es nicht sein kann in dieser Welt. Darum ist mir der Glaube wichtig, dass Jesus uns mitnimmt und mit auferstehen lässt, so wie wir sind, leibhaftig, nicht in einem anderen Lebewesen, sondern in meinem Leib, einzigartig, so wie ich von Gott geschaffen bin und am Ende bei Gott sein darf.
Liebe Konfirmanden,
Ihr wollt zu Christus gehören. Durch die Taufe seid ihr da schon hineingestellt worden in diesen Raum, den Gott über uns und unser Leben spannt. Manchmal sehen wir diesen Raum nicht, manchmal haben wir es schwer, Gott zu verstehen, weil er ja nicht so spricht wie andere oder einfach ne whatsapp rüberschickt. Aber ich vertraue fest, dass er sich auch Euch zeigt. Haltet die Augen offen, bleibt mit anderen im Gespräch mit Euren Erfahrungen, vor allem mit Euren Fragen. Wir haben nicht auf alle Fragen Antworten. Und manche Antworten, die ich heute und im letzten Jahr gegeben habe, mögen euch nicht überzeugt haben. Jeder von Euch wird seine eigenen Antworten finden müssen. Ich hoffe, wir konnten Euch hier ein Stück auf Eurem Weg begleiten.
Geht diesen Weg getrost weiter, indem Ihr immer wieder neu nach dem fragt, was für Euer Leben wichtig ist. Denn alles ist Euch schon von Gott geschenkt. Alles ist Euer. Ihr gehört schon zu dem Christus, der uns aus dem Tode ruft. Das ermutigt und bestärkt zu einem Leben in der Freiheit der Kinder Gottes.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.