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Kirchweih am 16. Oktober

Zum Kirchweihfest hören Sie hier die Predigt von Pfarrer Michael Grell.

 

Predigt

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

im Winter hörten wir in einem Vortrag manches Neue über unser kleines Köditzer Kirchlein. Bisher war uns die Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg sehr ausführlich bekannt. Wir haben dazu Kirchenführer, die schon seit den 70er Jahren unser Gotteshaus und seine Entstehung erklärten.

An diesem Abend im Februar lernten wir, dass es möglich ist, auch etwas über die Gestalt des Gotteshauses in den zwei Jahrhunderten davor zu wissen. Es war, als ob die Steine ihre Geheimnisse bewahrten bis ein neuer wissenschaftlicher Blick auf sie, unseren Horizont weitete und zu neuen Erkenntnissen führte.

Wir erfuhren, dass die St. Leonhardkirche auch dazu gebaut wurde, damit sich die wehrhafte Gemeinde gegen Fehdezüge feindlicher Räuber und Horden wehren und in einen Schutzraum begeben konnte. Die heutige Türe und die großen Fenster gab es damals noch nicht. Eher waren es kleinere runde Fensterchen oben, dort wo heute die Spitzen der Fenster zu finden sind. In die Kirche trat man vermutlich durch die Sakristeitüre ein. Dort, wo heute die Abendmahlsgefäße in einem Tresor aufbewahrt wurden, befand sich vermutlich das Weihwasserbecken, dann betrat man rechts herum durch die schmale und niedrige Türe den Kirchenraum. Es ist unmittelbar einsichtig, dass dieser Zugang leicht zu verteidigen war.

Aber auch oben am Dach hat sich Vieles verändert. Bekanntlich ist es ja im 30-jährigen Krieg abgebrannt und nachher anders wieder aufgebaut worden. Eine mögliche Rekonstruktion sieht so aus, dass zuvor nicht nur Schießscharten-Fenster im Chor angebracht waren, sondern auch umlaufend in einem hölzernen Dachaufbau, der verloren gegangen ist. Vergleichbare Dorfkirchen gibt es in Sachsen und Thüringen noch ein paar wenige.

Die Kirche diente freilich auch damals schon als Versammlungsort der Gläubigen zum Gebet und zur Feier des Gottesdienstes. Sicher hat in den unsicheren Zeiten des 14. Jahrhunderts gerade auch das Gebet um den Frieden eine wichtige Rolle gespielt.

Von einem Gotteshaus ist heute auch im Predigttext die Rede. Es stand einstmals in Jerusalem. Es wurde ebenfalls zerstört, so dass man es sich heute genauso nur mit Hilfe von Rekonstruktionen und Bildern vorstellen kann. Der Bau dieses Gotteshauses wird in der Bibel dem König Salomo zugeschrieben. Er weihte den Tempel mit den folgenden Worten. Ich lese aus dem 1. Buch der Könige, im 8. Kapitel, die Verse 27 bis 30:

Salomo sprach:
Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen?
Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel
können dich nicht fassen –
wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?

Wende dich aber zum Gebet deines Knechtes
und zu seinem Flehen, Herr, mein Gott,
auf dass du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts
heute vor dir:
Lass deine Augen offen stehen
über diesem Hause Nacht und Tag,
über der Stätte, von der du gesagt hast:
Da soll mein Name sein.

Du wollest hören das Gebet,
das dein Knecht an dieser Stätte betet,
und wollest erhören das Flehen deines Knechts
und deines Volkes Israel,
wenn sie hier bitten werden an dieser Stätte;
und wenn du es hörst in deiner Wohnung, im Himmel,
wollest du gnädig sein.

 

Liebe Gemeinde,

die Bitte des Königs Salomo fällt wie der Bau des Tempels eher in eine Zeit des Friedens als des Krieges. Der Tempel in Jerusalem war auch ganz und gar kein Schutzraum. Man versammelte sich vermutlich davor zum Gebet, nur die Priester durften die Innenräume betreten und das nach streng geregelten Vorschriften.

Salomo bittet Gott, der möge das Flehen und Rufen seines Volkes erhören. Hier an diesem besonderen Ort, der Gott geweiht ist. Solche besonderen Orte des Gebets, ob in Zeiten des Friedens oder des Krieges sind unsere Kirchen immer gewesen. In der Urkunde zur Grundsteinlegung der Kreuzkirche wurde die Trennung Deutschlands bedauert und an die Errichtung des Grenzzaunes zwischen Ost und West im selben Jahr erinnert. Man empfand die eigene Schuld an der Situation und erbat einen Weg in der Kraft der Vergebung, die vom Kreuz kommt. Ob es die Bitte der Gründer dieses modernen Kirchenbaus ist oder die Bitte der einstmaligen Köditzer oder die des Königs Salomo: all diese Bitten beziehen sich auf ihre Zeit.

So feiern auch wir heute in der Gegenwart Gottes und unter dem Kreuz Jesu und bitten um Frieden für uns und diese Welt. Die Gefahren kriechen heute eher durch Leitungen in unsere Häuser, die alte Sicherheit ist durch mangelnde Rohstoffe bedroht. Auch wir sind nicht frei von Schuld. Auch wir bedürfen der Vergebung, die Gott schenkt. Wenn wir miteinander das Mahl Jesu feiern, dann hoffen wir, dass Gott uns neue Einsichten schenkt, unseren Horizont erweitert, dass er uns vergibt und neu anfangen lässt.

In seiner Rede setzt Salomo zudem eine große Klammer. Der unendliche und große Gott passt nicht in ein Haus, sagte er. Wie können wir sagen: Er wohnt hier an diesem Ort, wenn der Himmel und aller Himmel Himmel ihn nicht fassen können? Das Haus, das der König ihm gebaut hat, wird allezeit zu klein sein, um dem großen Gott eine Heimstatt zu bieten.

Diese Frage Salomos kann auch für uns eine kritische Erinnerung sein. Wir feiern Gottesdienst auch ab und an einmal gerne unter dem freien Himmel. Wir feiern miteinander mit benachbarten Gemeinden und kommen zusammen zum Gottesdienst. Wir haben als zwei benachbarte Gemeinden erlebt, dass wir Gott an unterschiedlichen Stellen bitten können, ob es in unseren Kirchen ist oder vor unseren Häusern im Advent. Wir werden diese Erfahrungen brauchen, denn es geht darum, die Zusammenarbeit mit weiteren Nachbargemeinden auszubauen. Wir wissen dabei, dass Gottes Name an vielen Orten angerufen wird und bitten, dass er seine Augen offen stehen lassen möge über unsere Gotteshäuser Tag und Nacht.

Die Kirchen wandeln sich. So wie unsere St. Leonhardkirche heute größere Fenster, Sitzplätze, Emporen, eine große Eingangstüre hat, so muss sich Kirche, wird sich Kirche immer wieder verändern durch die Zeit.

Der große Gott lässt sich nicht auf ein Haus festlegen. Er ist überall da, wo sich Menschen zur Feier des Gottesdienstes zusammenfinden. Er ist dort, wo wir miteinander das Brot teilen und den Saft der Trauben trinken. Sie sind Zeichen seiner Gegenwart. Wo wir so miteinander vereint stehen um den Tisch des Herrn, sind wir als feiernde Gemeinde ein Zeichen des Friedens für diese Welt.

Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.