
Zum Sonntag Exaudi hören Sie hier die Predigt von unserer Lektorin Ingrid Schwarz.
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Amen.
Liebe Gemeinde,
unser heutiges Predigtwort nimmt uns mit zu einem Fest:
Zum Laubhüttenfest.
Das Laubhüttenfest wird bis heute in vielen jüdischen Häusern gefeiert.
Zur Zeit Jesu wurde es am Tempel in Jerusalem begangen.
Das Volk Israel feierte es zur Erinnerung an die Zeit, in der Gott sein Volk nach dem Auszug aus Ägypten durch die Wüste führte.
In dieser Zeit gab Gott seinem Volk alles, was es zum Leben brauchte.
Und das, was in der Wüste am dringendsten gebraucht wurde, war und ist bis heute – Wasser.
Damals schlug Mose auf Geheiß Gottes an einen Felsen und Gott ließ Wasser aus dem Felsen sprudeln.
Eine Quelle lebendigen Wassers hatte Gott für sein Volk aufgetan und so in der Wüste Leben ermöglicht, wo sonst menschliches Leben kaum möglich war.
Eine ganze Woche lang feierte das Volk Israel diese Erinnerung. Damals, zur Zeit Jesu und auch noch heute.
Höhepunkt der Feierlichkeiten war der große Festakt, in dem der Hohepriester aus einer Quelle in Jerusalem frisches, sprudelndes Wasser schöpfte und dieses nach einer feierlichen Prozession über dem Altar im Tempel versprengte.
So wurde dankbar erinnert an die Wüstenwanderung und das Wasser, das Gott aus dem Fels sprudeln ließ.
Und es wurde um Wasser für die kommende Ernte gebetet.
In dieser Situation, in der Wasser ein so bedeutungsvolles Symbol für die erhaltende Kraft der Liebe Gottes ist, beginnt unser Predigtwort aus dem Johannesevangelium. Es steht im Kapitel 7, die Verse 37 – 39.
Aber am letzten Tag des Festes, welches der höchste war, trat Jesus auf, rief und sprach: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!
Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
Das sagte er aber von dem Geist, welchen empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da, denn Jesus war noch nicht verherrlicht.
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Es ist das Bild des Wassers, mit dem Jesus verdeutlicht, was Leben und was Glaube bedeutet. Es begegnet zum einen als das Wasser, das den körperlichen Durst stillt.
Und darauf bezieht sich ja das Laubhüttenfest.
Wasser, das wichtig ist für den menschlichen Organismus.
Unser Körper braucht ein bestimmtes Maß an Wasser. Mindestens 2 – 3 Liter soll man an Flüssigkeit – am besten Wasser – täglich zu sich nehmen. So sagen es die Ärzte.
Das ist wichtig für das körperliche Funktionieren. Für die Organe, für den Blutkreislauf, für das Denken.
Wasser ist lebensnotwendig. Wasser macht und erhält lebendig.
Und doch ist das nicht alles. So können wir Jesus verstehen, wenn er sagt:
Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
Ihm kommt es auf etwas Anderes an.
Auf ein Wasser, das allen Durst stillt, das lebendig macht und lebendig erhält.
Es sind nicht nur die körperlichen Funktionen, die er damit anspricht.
Ihm geht es um das Lebenswasser für die Seele. Um alles das, was die Seele braucht, um leben zu können und lebendig zu bleiben.
Auch wir, heute, sind gar nicht so weit weg von dem, was Jesus mit seinen Worten ausdrücken wollte.
Wir können genügend Wasser haben, um den körperlichen Durst zu stillen.
Leitungswasser, Quellwasser aus Eiszeitquellen, Wasser aus Italien und Frankreich. Heilwasser aus besonderen Quellen.
Das alles kann den körperlichen Durst löschen. Aber haben wir auch genügend Wasser für die Seele?
Haben wir wirklich genügend von dem, was unsere Seele lebendig hält, ihr Kraft gibt und Mut?
Woraus schöpfen wir Zuversicht, Hoffnung, Trost?
Woher bekommen wir Anerkennung, Bestätigung, Angenommen sein?
Nach dem allen dürstet ja die Seele.
Das alles braucht sie für ihre Lebendigkeit.
Sonst vertrocknet sie, verliert ihre Energie und Spannkraft.
Es ist dieses Lebenswasser für die Seele, von dem Jesus spricht, wenn er sagt:
Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
Es ist wichtig, diese Worte zu hören, denn es gibt so viel, was Menschen erstarren oder seelisch vertrocknen lässt.
Viele von uns kennen solche Situationen, in denen das Leben wie ausgetrocknet erscheint.
Es geht nichts voran. Man kommt irgendwie nicht vorwärts. Alles fällt einem nur noch schwer.
Statt sprudelnder Lebensenergie spürt man lähmende Verzagtheit.
Gerade jetzt in dieser Corona-Zeit.
Manche fühlen sich irgendwie vom Leben abgekoppelt.
Es wird zwar besser, aber wird es dauerhaft besser? Oder stehen wir in einem halben Jahr wieder da, wo wir im November oder Dezember des letzten Jahren waren?
Zukunftsangst überlagert das Vertrauen. Und die Zweifel daran, dass dem Leben eine Freude und Schönheit innewohnt, saugen sich in unserer Seele fest.
Manchmal ist das Leben wie ausgetrocknet.
Da braucht man eine Quelle, aus der man schöpfen kann.
Den erfrischenden Schluck Wasser, das die Seele mit neuer Zuversicht, wachsendem Vertrauen und einer erquickenden Hoffnung erfüllt.
Da werden die Worte Jesu lebendig, wenn er spricht:
Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
Bei ihm, in ihm und durch ihn finden wir die Lebendigkeit, die Fröhlichkeit und ein Leben, in dem Liebe sich verströmt und die Seele überquillt vor Freude und Lebenslust, weil sie sich von Gottes Liebe gespeist weiß.
Es tut so gut, wenn man tief in seinem Innern diese sprudelnde Quelle entdeckt. Denn da wirkt der Geist Gottes. Er speist uns mit dem, was uns wirkliche Lebendigkeit verleiht.
Er lässt uns aufblühen und führt uns zu dem Leben, das sich Jesus Christus schon immer für uns gewünscht hat.
Er stillt den Durst nach Geborgenheit, weil er uns immer wieder in der Gewissheit bestärkt, dass wir in einer Liebe gehalten sind, die weit über unser Leben hinausreicht.
Er lässt uns aufstehen und eintreten für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit, weil es Christen nicht um sich selbst, sondern um die anderen geht.
Er erfüllt uns mit der Gewissheit, dass es einen Gott gibt, der zu uns hält und der uns nicht allein lässt.
Es ist so wichtig, dass wir eine Quelle haben, aus der wir schöpfen können, was dem Leben Lebendigkeit und Kraft verleiht, Zuversicht und die Gewissheit der Solidarität.
Ohne den Glauben an die Ströme lebendigen Wassers, die Jesus Christus in uns zum Sprudeln bringt, ohne den Glauben an ihn würden wir alle seelisch vertrocknen.
Doch Dürre, Lieblosigkeit, Hartherzigkeit und Egoismus gibt es schon genug auf dieser Welt.
Darum sind aufrichtige Christen so wichtig – als Menschen, die aus der Quelle des Glaubens leben.
Diese Quelle des Glaubens ist da.
Wir können sie finden und aus ihr unseren Durst stillen.
Stellen Sie sich mal vor, Sie sind beim Wandern im Fichtelgebirge, im Frankenwald oder für die etwas besser trainierten, in den Alpen unterwegs. Sie laufen über Schotterwege, durch den Wald über ausgetretene, von Moos bedeckte Pfade zu einem kleinen Bach. Fröhlich plätschert er vor sich hin und tränkt seine Umgebung mit kühlendem Nass.
Sie setzten sich neben den Bach, machen eine kurze Rast und überlegen, wo das Wasser wohl seinen Ursprung hat.
Und das wollen Sie jetzt erkunden.
Sie wollen die Quelle entdecken, Sie wollen dorthin, wo der Bach seinen Ursprung hat.
Sie stehen auf, nehmen Ihren Rucksack wieder auf die Schultern und wandern den Bachlauf hinauf.
Der Weg führt Sie durch einen duftenden Wiesengrund und dann auf eine kleine Anhöhe.
Sie müssen sich vielleicht mal durch Gestrüpp und Hecken quälen, im Gebirge auch mal ein paar kleinere Anstiege überwinden, aber dann haben Sie die kleine, munter sprudelnde Quelle gefunden.
Hinter ein paar Büschen oder zwischen verschiedenen Gesteinsschichten tritt das Wasser aus der Erde heraus und sprudelt und sprudelt und sprudelt.
Rein, klar, unaufhörlich, unaufhaltsam und mit einer absoluten Selbstverständlichkeit, als wäre die Quelle nur dazu da, ihr Wasser zu verströmen.
Die Quelle wird zum Symbol für die Kraft Gottes in unserm Leben.
Denn er ist die Quelle, die uns mit dem versorgt, was die Seele zum Leben nötig hat.
Überfließend, reich und unerschöpflich.
Mag sein, dass der Bach vielleicht mal in einem heißen Sommern austrocknet, so wie unser Leben manchmal auch austrocknet.
Aber dann ist es gut, nach der Quelle zu suchen.
Das ist – wie in unserer Geschichte – nicht immer ohne Mühe.
Manchmal muss man sich durch das Gestrüpp kämpfen oder steile Wege hochsteigen, ist manchmal am Verzweifeln und denkt, ich komme da nicht weiter. Aber der Weg zur Quelle lohnt sich.
Auch im Gebet muss man sich manchmal durch einiges durchkämpfen, bis man zu der Ruhe findet, in der der laute Alltag mit seinen Sorgen, Ängsten und Zweifeln, mit seiner Hektik und Ruhelosigkeit in einem selbst zum Schweigen gekommen ist und man endlich zur Ruhe findet.
Dort, wo ich mir selbst und wo ich Jesus begegne, wo ich innerlich lauschend auf das höre, was er mir sagen möchte, dort finde ich die Quelle, die mein Leben mit göttlicher Kraft speist. Probieren Sie es aus, suchen Sie die Quelle des Baches und kommen Sie dort zur Ruhe und stärken Sie sich.
Und dann wird es so sein, dass wir selbst von diesem lebendigen Wasser weitergeben; so, dass andere davon neue Kraft für ihr Leben schöpfen.
Jesus will, dass die Gewissheit in uns quillt, dass wir in unserm Leben niemals austrocknen, sondern dass wir immer um die Quelle wissen, die unaufhörlich in uns sprudelt, weil sie göttlich ist.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.